08. Dezember 2017 Urheberrecht: Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch Verlinkungen

Die Haftung für den Inhalt verlinkter Seiten ist immer wieder Thema von Rechtsstreitigkeiten. Das LG Hamburg hat nun in einer neuen Entscheidung wichtige Grundsätze zur Überprüfung der Haftung aufgestellt.

(Urteil vom 13.06.2017, Az: 310 O 117/17, www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bsharprod.psml.

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Sachverhalt

Die Klägerin ist Betreiberin einer Internetseite, auf der Fotos und Produkte mit Fotos eines bestimmten Hundes der Hunderasse „Mops“ angeboten werden.

Die Beklagte ist Affiliate – ein gewerblich tätiges Unternehmen, das auf eigenen Webseiten gegen Provision Werbung für Dritte betreibt, indem es dort deren Angebote verlinkt - von Amazon.de und betreibt eine Webseite, auf der mittels Framing – d. h. die Einbindung von Inhalten anderer Webseiten auf der eigenen Webseite durch Verlinkung auf diese – und eines Algorithmus vollautomatisch Angebotsseiten von Amazon.de auf der Webseite der Beklagten angezeigt und darauf verlinkt werden. Die Beklagte erhält pro Klick auf das jeweilige Angebot und damit Weiterleitung zu Amazon.de von Amazon eine Vergütung.

Streitgegenstand war die Einblendung einer Handyhülle auf der Webseite der Beklagten. Diese Handyhülle war Angebot eines Dritten und enthielt das bearbeitete Foto des o. g. Mopses, mit dem die Klägerin Produkte bewarb. Der Amazon-Anbieter dieser Handyhüllen hatte keine Genehmigung von der Klägerin zur Verwendung des Fotos.

Die Klägerin hatte gegen die Beklagte diesbezüglich wegen der Einblendung des Angebotes auf Unterlassung geklagt, da die Beklagte durch die Wiedergabe des Angebotes gleichzeitig das Foto öffentlich wiedergebe und somit eine Urheberrechtsverletzung begehe, da bereits der Amazon-Anbieter keine Genehmigung zur Nutzung des Fotos besäße und die Beklagte somit auf ein rechtswidriges Angebot verlinkt habe.

Entscheidung


Das Landgericht Hamburg hat im Ergebnis die Ansprüche der Klägerin verneint. In seiner Begründung bezog sich das LG weitestgehend auf das kürzlich ergangene Urteil des EuGH (EuGH, Urteil vom 26.04.2017, Az: C-527/15 - Stichting Brein/Wullems).

Zunächst bestätigte das Gericht die Auffassung der Klägerin, dass das Framing, hier vorliegend in der Form des sog. Inline Linking, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 UrhG darstelle. Der EuGH habe hierzu entschieden, dass „eine „öffentliche Wiedergabe" vorliege, wenn unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten Verfahren unterscheide, ein geschütztes Werk wiedergegeben werde, oder wenn das Werk für ein „neues Publikum", d. h. für ein Publikum, an das der Rechtsinhaber bei Wiedergabe des Werkes nicht gedacht habe, wiedergegeben werde" (EuGH, Urteil vom 26.04.2017, Az: C-527/15 - Stichting Brein/Wullems).

Das LG führte weiter aus, dass es nach der Entscheidung des EuGH an der Voraussetzung der Wiedergabe an „ein neues Publikum“ jedoch fehle, wenn eine Verlinkung auf eine Webseite erfolge, auf der das geschützte Werk mit Genehmigung des Rechtsinhabers frei zugänglich veröffentlicht worden sei. Dies sei keine „öffentliche Wiedergabe“, da bei der Genehmigung zur frei zugänglichen Darstellung des Werkes von vorneherein jedes Publikum angesprochen werde und der Rechtsinhaber dies wohl bedacht habe.

Anders sei dies zu beurteilen, wenn ein Link auf eine Webseite gesetzt werde, auf der sich das geschützte Werk ohne Genehmigung des Rechtsinhabers befinde. In einem solchen Fall liege in dem Setzen des Links auf die Webeseite mit dem rechtswidrig eingestellten Werk eine Wiedergabe an „ein neues Publikum“ vor, da der Rechtsinhaber hierzu keine Genehmigung erteilt habe.

Im vorliegenden Fall war bereits die Darstellung des – wenn auch bearbeiteten – Fotos auf dem Amazon-Angebot rechtswidrig, da keine Genehmigung hierzu vorgelegen habe. Insofern war auch die Verlinkung der Beklagten auf die Amazonseite als Wiedergabe an ein „neues Publikum“ anzusehen und somit rechtswidrig, da bereits zu der Wiedergabe des Fotos auf Amazon keine Genehmigung vorgelegen habe.

Im Ergebnis verneinte das LG jedoch den Anspruch der Klägerin, da die rechtswidrige Wiedergabe nicht durch einen „Nutzer“ vorgenommen worden sei und somit das subjektive Element der „öffentlichen Wiedergabe“ fehle.

Auch hier berief sich das LG auf das Urteil des EuGH, der bei dem Begriff des Nutzers auf die Kenntnis des Nutzers abstellte und somit auf eine Person, die „wusste oder hätte wissen müssen, dass sie durch die Verlinkung einen Zugang auf ein geschütztes Werk anbietet, das seinerseits bereits rechtswidrig veröffentlich worden war“ (EuGH, a. a. O.).

Diese Kenntnis oder das Kennenmüssen müsse jedoch erwiesen sein. Hierzu stelle der EuGH auf das Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht ab, d. h., dass ein „Kennenmüssen“ anzunehmen sei, wenn der Nutzer den Link aus Gründen der Gewinnerzielungsabsicht setze, da diesem zugemutet werden könne, sich über die Rechtmäßigkeit der verlinkten Wiedergabe zu informieren. In diesem Fall würde die Kenntnis daher vermutet und eine rechtswidrige „öffentliche Wiedergabe“ sei gegeben. Diese Vermutung könne jedoch widerlegt werden. Liege keine Verlinkung zu Erwerbszwecken vor, sei eine Kenntnis in der Regel nicht anzunehmen.

Im vorliegenden Fall lag nach Ansicht des LG keine Kenntnis des Beklagten vor, da die Klägerin zum einen die von dem Beklagten behauptete Unkenntnis nicht bestritten hatte, und darüber hinaus den Beklagten auch keine Pflicht zur Rechterecherche getroffen habe, da ihm dies bei seinem Geschäftsmodell sowohl aus wirtschaftlichen, als auch aus technischen Gründen unzumutbar gewesen wäre.

Fazit

Die Haftung für verlinkte rechtswidrige Inhalte ist auch bei gewerblichen Verlinkungen nicht per se anzunehmen, sondern muss stets im Einzelfall anhand der o. g. Voraussetzungen geprüft werden.

Falls Sie Fragen zu dem Artikel oder zum Urheberrecht haben, können Sie uns gerne kontaktieren.

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Rechtsanwältin Carolin Bastian LL.M.

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